Stark, Johann Friedrich - Der gläubige Christ bittet um Demuth.
Aufmunterung.
1. Petr. 5, v. 5.6
Haltet fest an der Demuth, dann Gott widerstehet den Hoffärtigen, aber den Demüthigen giebt er Gnade. So demüthiget euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, daß er euch erhöhe zu seiner Zeit.
Unter denjenigen Sünden, dawider ein gläubiger Christ zu kämpfen hat, ist auch der Stolz und Hochmuth des Herzens, welcher hernach in Worten und Werken ausbricht. Stolz sind wir von natur nach dem Sündenfall, aber demüthig müssen wir werden durch die Gnade. Wer nicht demüthig wird, kann Gott nicht gefallen, und auch nicht Christi Jünger seyn. Wenn nun dieses ein gläubiger Christ erwägt, so bittet er Gott um ein demüthiges Herz 1) gegen Gott. Denn es ist dir gesagt, Mensch! was gut ist, und was der Herr von dir fordert, nämlich: Gottes Wort halten, Liebe üben, und demüthig seyn vor deinem Gott. Mich. 6, v.8. Er wird gegen Gott aber demüthig werden, wenn er bedenkt Gottes Hoheit, Majestät und Herrlichkeit, und hingegen auch erwägt, wie er ein armer Wurm, ja nichts als ein elender Mensch ist, den Gott in einem Augenblicke verderben kann. Es wird ein gläubiger Christ demüthig werden 2) gegen den Nächsten, wenn er bedenkt, wie sein Nächster vielleicht viel frömmer, andächtiger, und daher Gott angenehmer sey als er; ja, daß er im Grabe, wie der ärmste Bettler zu Asche werde. Es wird ein gläubiger Christ auch demüthig werden 3) gegen sich selbst, wenn er erwägt, daß er alles, was er hat, alle Gaben, Geschicklichkeit, Segen, Leben, Glück, Wohlergehen nicht von sich selbst, sondern von Gott habe, der ihm alles bald nehmen könne, daher er nicht damit prangen soll. Er stellet sich, damit er auf keinerlei Weise stolz werde, fleißig vor das Exempel des demüthigen Jesu, der sich unter Gott und alle Kreaturen erniedrigte, und uns zuruft: Lernet von mir, ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig.
Gebet.
Großer, heiliger und barmherziger Gott! der du bist der Hohe und Erhabene, vor dessen Thron alle Auserwählten in Demuth ihr Antlitz bedecken; ich bekenne und klage dir, daß ich von Natur zu eigener Ehre und zum Hochmuth geneigt bin. Es hat durch den Sündenfall der Satan mein Herz mit Hoffart, welche ein Anfang aller Sünde ist, vergiftet, daß ich oft vergesse, daß ich Staub und Asche bin. Ach mein Gott! gieb mir doch ein demüthig Herz, daß ich recht tief einsehen möge, wie ich von dir Leben, Segen, Odem und alles habe, damit ich mich unter deiner gewaltigen hand demüthigen, und nicht freventlich dich mit Worten, Gedanken oder Werken beleidigen möge. Lehre mich mein Elend und deine hohe Majestät erkennen, daß ich von mir nichts habe, als Sünde, Tod und Verdammniß, was ich aber Gutes an mir finde, daß ich solches empfangen habe, damit ich mit nichts prange, sondern alles als dein Geschenk ansehe, welches du mir bald wieder nehmen kannst, wenn ich deiner vergessen wollte. Pflanze die wahre Demuth in mein Herz, daß ich dir gehorchen, dich fürchten, ehren, dir dienen, dich anbeten, und allein loben und preisen möge. Pflanze auch in mein Herz die wahre Demuth gegen meinen Nächsten, daß ich ihn niemals gegen mich verachten, oder mich ihm vorziehen möge. Hilf, daß ich erwäge, wie dir die Hoffärtigen noch nie gefallen, aber daß du auf die demüthige Seele dein Licht, Trost, Gnade und Güte hast reichlich fließen lassen, wende von mir ab alle hoffärtigen Gedanken, gieb, daß ich mich hüte vor stolzen Worten, bewahre mich vor Ehrgeiz, Ruhmredigkeit, daraus nichts als Verachtung gegen den Nächsten entspringt. Drücke in mein Herz das Bild meines demüthigen Heilandes, der sich unter Engel und Menschen erniedrigt hat. Ist mein Nächster gering, so behüte mich, daß ich mich nicht über ihn erhebe; ist mein Nächster hoch, reich, geehrt, so laß mich dieses also ansehen, daß du ihn dazu gemacht, dazu erhoben, und dazu berufen habest, und mich darüber gegen dich nicht beschweren, oder ihm deine Gaben mißgönnen, vielmehr mich darüber erfreuen möge. Gieb mir deinen heiligen Geist, daß ich der Sünde des Hochmuths täglich absterbe, mich keiner Ehre würdig achte, und von Niemand Ehre begehre, sondern alle Ehr, allen Ruhm dir allein beilege. Gieb mir in wahrer Niedrigkeit des Herzens zu erkennen, daß alles, was ich bin und habe, durch deine Gnade mir gehöre, daß ich mich nichts als meiner Schwachheit rühme. Lehre mich durch solche Demuth in Frieden und Einigkeit mit Jedermann leben. Lasse mein Herz allezeit eine Wohnung des demüthigen Jesu seyn, so werde ich mich niemals erheben. Stolz und Hochmuth ist des Satans Sünd, davor bewahre mich in Gnaden. Und so dir ja gefallen sollte, mein Gott! mich in Spott und Verachtung fallen zu lassen, so gieb mir Kraft und Stärke, daß ich alles mit Demuth, Gelassenheit und Geduld ertragen möge, auch dieses zu meiner Demüthigung und desto größeren Behutsamkeit in meinem Wandel mir dienen lasse. Herr, Herr! verleihe mir Kraft und Stärke, durch deinen mächtigen Beistand dieses alles zu vollbringen. Selig sind die Demuth haben und sind allzeit arm im Geist, rühmen sich gar keiner Gaben, daß Gott wird allein gepreist, danken dem auch für und für, denn das Himmelreich ist ihr: Gott wird dort zu Ehren setzen, die sich selbst gering hie schätzen, Amen.
Gesang.
Mel. Alle Menschen müssen sterben.
Demuth ist die schönste Tugend, aller Christen Ruhm und Ehr, denn sie zieret unsre Jugend, und das Alter noch vielmehr; pflegen sie nicht auch zu loben, die zu großem Glück erhoben? Sie ist mehr als Gold und Geld, und was herrlich in der Welt.
2. Siehe, Jesus war demüthig, er erhob sich selbsten nicht, er war freundlich, liebreich, gütig, wie uns Gottes Wort bericht, man befand in seinem Leben, gar kein Prangen und Erheben, drum spricht er zu mir und dir: lernet Demuth doch von mir.
3. Wer der Demuth ist beflißen, ist bei Jedermann beliebt, wer da nichts will seyn und wissen, der ist's, dem Gott Ehre giebt; Demuth hat Gott stets gefallen, sie gefällt auch denen allen, die auf Gottes Wegen gehen, und in Jesu Liebe stehn.
4. Demuth machet nicht verächtlich, wie die stolze Welt ausschreit, wenn sie frech und unbedächtlich, die Demüthigen anspeit; Stolze müssen selbst gestehen, wenn sie Fromme um sich sehen, daß doch Demuth edler ist, als ein frecher stolzer Christ.
5. Demuth bringet großen Segen, und erlanget Gottes Gnad, an ihr ist gar viel gelegen, denn wer diese Tugend hat, der ist an der Seel geschmücket, und in seinem Thun beglücket, er ist glücklich in der Zeit, selig auch in Ewigkeit.
6. Diese edle Demuthsgaben, so da sind des Glaubens Frucht, wird ein jeder Christe haben, welcher sie von Herzen sucht; wo der Glaub wird angezündet, da ist Demuth auch gegründet, Glaube, Hoffnung, Demuth, Lieb, kommt aus Gottes Geistes-Trieb.
7. Ich will auch demüthig werden, Demuth macht das Herze rein, es soll Demuth in Gebärden, Demuth soll im Herzen seyn, Demuth gegen meine Freunde, Demuth gegen meine Feinde, Demuth gegen meinen Gott, Demuth auch in Kreuz und Spott.
8. Auf die Demuth folget Wonne, Gottes Gnade in der Zeit, und dort in der Freudensonne, Friede, Licht und Herrlichkeit; da wird Demuth herrlich prangen, und die Ehrenkron erlangen, was man hier gering geacht't, leuchtet dort in Himmelspracht.