Landenberger, Albert Julius - Predigt am Sonntag Laetare – Das Brot des Lebens
Ev. Joh. 6, 35.1)
Jesus sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.
Unser heutiges Evangelium schildert uns die wunderbare Speisung der fünftausend Mann. Diese Tat war für den Herrn selbst von großer Bedeutung. Das Volk bot ihm in leidenschaftlicher Begeisterung die Königskrone an, aber der Herr entweicht seinem stürmischen Verlangen, er flieht auf einen Berg allein und bringt dort die Nacht im Gebet zu. Die Jünger aber besteigen ein Schifflein und fahren über den See nach Kapernaum. Mitten auf dem See werden sie von der Finsternis überfallen und der See wird von starkem Windeswehen aufgewühlt. Plötzlich sehen sie Jesum auf dem Meere wandeln und nahe zum Schiff herankommen mit dem Worte: „Fürchtet euch nicht.“ Er steigt zu ihnen ins Schiff, das alsbald am Lande anfährt. Kaum ist aber der Herr wieder in Kapernaum, so kommt die Menge, die ihn eifrigst gesucht hatte, nachgefahren und verwundert sich, ihn hier zu finden. Nun entwickelt sich ein bewegtes Gespräch zwischen dem Herrn und dem Volk. Der Herr ruft ihnen ernst und feierlich zu: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und seid satt geworden.“ Er fordert sie auf, sich eine solche Speise zu verschaffen, die ins ewige Leben bleibe und sagt, wie die Juden ihn auf das Manna hinweisen, das einstens Moses ihren Vätern in der Wüste gegeben habe, und eine solche Speise ebenfalls von ihm wünschen, das erhabene Wort: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nimmermehr hungern und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Zugleich wirft er ihnen ihren Unglauben vor und setzt hinzu: „Alles, was mir mein Vater gibt, wird zu mir kommen und ich werde den nimmermehr verstoßen, der zu mir kommt.“ Ja, er weist hin auf das ewige Leben, das jeder schon hienieden habe, der den Sohn ansieht und an ihn glaubt, und von ihm werde er am jüngsten Tage auferweckt werden.
Und wie sie nun murren und sich von ihm abwenden, fügt er noch schärfer hinzu: „Wer mein Fleisch isst und trinkt mein Blut, der hat ewiges Leben und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage. Denn wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ Selbst seine Jünger nehmen Anstoß an diesen Worten, die leidenschaftliche Begeisterung der Menge schlägt um in Gleichgültigkeit oder Hass, manche seiner Anhänger verlassen ihn, nur die Zwölfe bleiben ihm treu, Petrus an der Spike, der ihm auf die Frage: „Ihr wolltet doch nicht auch hingehen?“ die entschlossene, glaubensfreudige Antwort gibt: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, dass du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Es ist eine tiefeinschneidende Szene, die uns hier Johannes so treu und anschaulich geschildert hat, es sind Worte voll unvergänglicher Herrlichkeit und größter Bedeutung, die der Herr hier gesprochen hat. Sie schildern uns Christum als den Spender ewigen Lebens, sie zeigen uns, wer allein dieses ewigen Lebens hienieden und dort oben teilhaftig werden könne.
So lasst uns betrachten:
Christus, der Spender des ewigen Lebens:
I. Worin besteht es?
II. Wer bekommt es?
I.
Es ist, Geliebte, eine bei vielen, wir dürfen sagen, bei den meisten Christen herrschende Anschauung, dass sie, wenn sie vom ewigen Leben reden hören, immer nur an das Leben im Jenseits, im Himmel denken. Ihren Heiland betrachten sie als den großen Propheten und Hohepriester, der durch Lehre und Leben, wie durch seinen Versöhnungstod uns die Pforte des Himmels wieder aufgeschlossen habe und uns einstens nach unsrem Hingang aus diesem armen, trübsalsreichen Erdenleben in ein himmlisches Freudenleben versetzen werde, das unvergängliche Dauer habe. Das irdische Leben hat daher für sie nur die Bedeutung eines durch Leiden und die damit sich verbindende innere Bewährung sich vollziehenden Übergangs. Von einem Reiche Gottes, das der Herr schon hienieden für diese Erde und dieses Erdenleben gestiftet hat voll herrlicher, himmlischer Güter, voll Friede und Freude, voll Kraft und Leben, wissen sie nichts und ahnen es kaum, dass die Gottseligkeit zu allen Dingen nütze ist und die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens besitzt. Wie ganz anders stellt Christus und die Heilige Schrift das ewige Leben dar! Wie die Sonne bei ihrem Niedergehen oft mit ihrem goldenen Scheine die grauen, düsteren Wolken purpurrot bemalt, dass sie in allen Farben strahlen und eine wunderbare Schönheit zu Tage treten lassen, also durchdringt die Sonne des ewigen Lebens nach der Darstellung der Heiligen Schrift jetzt schon mit ihren hellen Strahlen das arme Erdenleben, es gleichsam vergoldend und verklärend mit einem höheren, überirdischen Glanze. Hat unser Heiland nicht selbst gesprochen: „Das ist das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen!“ Also besteht dasselbe oder entsteht es durch die Erkenntnis des himmlischen Vaters in Christo; je reicher und voller, je tiefer und umfassender diese Erkenntnis ist, ein umso größeres Maß des ewigen Lebens wird uns schon hienieden geschenkt. In unserem Evangelium nennt sich der Heiland das Brot des ewigen Lebens, das Jeden, der jetzt an ihn glaubt und zu ihm kommt, schon sättigen und mit der Auferstehung desselben seine höchste Kraft offenbaren werde. Seine Worte sind Geist und Leben für die Menschheit; wer den Sohn hat, hat eben damit vom ersten Augenblicke an das ewige Leben, wer ihn nicht hat, hat auch keine Ahnung dieses Lebens. Darum sagt auch Paulus so schön: „Christus ist mein Leben“, wie der Herr sich selbst den Weg, die Wahrheit und das Leben genannt hat.
Allerdings gibt es im Jenseits ein ewiges Leben voll Herrlichkeit und Seligkeit, voll ungetrübten Glanzes, voll innerer und äußerer Vollendung in der ununterbrochenen Gemeinschaft mit dem Vater, dem Urquell alles Lichtes, aller Liebe, alles Lebens, dem Sohne, dem Abglanz seiner Herrlichkeit und all den zum ewigen Leben berufenen und verklärten Geistern der Abgeschiedenen. Aber das ewige Leben im Jenseits wird doch nur der erlangen, der es schon hienieden in Christo gesucht, gefunden, erfasst und in sich getragen hat. Es ist ein Paradiesesbaum, dieser Baum des Lebens, der seine Wurzeln in das Herz des gläubigen Gotteskindes von dem Augenblicke an einsenkt, wo dasselbe in die Glaubensgemeinschaft mit Christo eingetreten ist. Die herrlichen Blüten und Früchte dieses Baumes fangen schon an auf Erden zu reifen und werden uns in dem Maße zu Teil, als wir von einer Stufe der Erkenntnis Christi zur andern aufsteigen. So schildert uns nun die Heilige Schrift dieses ewige Leben als ein Leben voll Glauben, voll reicher innerer Erfahrung, voll göttlicher Weisheit und Erkenntnis. „O welch' eine Tiefe des Reichtums, beides der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!“ So ruft Paulus aus und nennt Christum den, in welchem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Wenn der arme Sünder im Glauben das in Christo ihm dargebotene Heil ergreift, dann beginnt für ihn das wahre, gottgewirkte Leben der Ewigkeit. „Wer an mich glaubt,“ sagt der Heiland, „der hat das ewige Leben; wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, der hat das ewige Leben.“ Je mehr sich nun eine Seele durch innerliche Aufnahme, Verarbeitung und Anwendung der Worte des Heilandes mit ihm verbindet, je lebendiger sie im Gebete mit ihm verkehrt, je inniger sie im heiligen Abendmahle durch den Genuss seines verklärten Leibes mit ihm eins wird, um so reicher und vollgehaltiger entfaltet sich auch in ihr das ewige Leben. Aber nicht bloß in der Sphäre der Erkenntnis, des beseligenden Schöpfens herrlicher Gottesgedanken im Angesichte Jesu Christi, welche uns zugleich die Tiefen unseres eigenen Wesens und die letzten Ziele der Weltgeschichte und Weltentwicklung immer mehr im Lichte des göttlichen Wortes aufschließen, offenbart sich die Macht und Wirkung des ewigen Lebens. Vielmehr durchdringt dasselbe vor allem auch das Gemüt als Friede und Freude in dem Heiligen Geist, als innere selige Ruhe und unerschütterliches Gottvertrauen, als innige Liebe zu unserem Erlöser, die gleich einer heiligen Flamme auf dem Altar des Herzens brennt. „Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen,“ diese Verheißung hat ja der Heiland allen denen gegeben, die ihn und den himmlischen Vater lieben und seine Worte halten, und im hohepriesterlichen Gebete sagt er so schön: „Alles, was mein ist, das ist dein, und was dein ist, das ist mein, und ich bin in ihnen verklärt.“ Diese Verklärung des ganzen inneren Menschen mit seinem Gemüte, dieses Bleiben an ihm, als dem Weinstock, bildet den eigentlichen Kern der Seligkeit und Heiligkeit des ewigen Lebens. Christus ist das Brot der Seele, d. h. er gibt ihr allein die Nahrung, die sie befriedigt, stärkt und erquickt. Nur so kann sie gedeihen und mit dem zunehmenden Alter des Leibes wachsen an Weisheit und Gnade bei Gott, nur so kann sie zur vollen Manneshöhe der Person Jesu Christi hinanstreben. O, wie kümmerlich müssen sich doch alle Seelen nähren, die diese Speise nicht bekommen, und würden sie durch ausgebreitete Kenntnisse in Kunst und Wissenschaft dieser Welt glänzen und auf den Höhen der Menschheit einhergehen! O, wie öde und unerquicklich, wie schal und unbefriedigend muss die Weisheit von unten her, oder müssen gar die Freuden und Genüsse, das Leben und Treiben dieser Welt unserer Seele erscheinen, sobald sie erst im Lichte Gottes, wie der fromme Sänger sagt, das Licht sieht und eine Ahnung von den Schätzen der Ewigkeit gewonnen hat. Aber Christus ist uns ja von Gott nicht bloß gemacht zur Weisheit und zur Gerechtigkeit, sondern auch zur Heiligung und zur Erlösung. Deshalb fordert der Herr alle diejenigen, die das ewige Leben recht besitzen und im Jenseits in seiner Vollendung gewinnen wollen, zu seiner Nachfolge, zum Wandel in seinen Fußstapfen, zum Halten seiner Gebote auf. Es prägt sich also vor allem auch aus im heiligen, christlichen Wandel, in der Selbstentsagung und Weltverleugnung, in den Früchten der Gerechtigkeit, im neuen Leben voll Treue und Gewissenhaftigkeit, in der Pflichterfüllung dem Nächsten, wie unserm himmlischen Vater gegenüber. So entfaltet es sich nach allen Seiten unseres Geistes, nach allen Kräften unserer Seele, so soll es sich zugleich mit dem Wachstum des Reiches Gottes auf Erden in allen irdischen Verhältnissen und Lebensbeziehungen immer kräftiger und vielseitiger darstellen und Christum auf Erden zur Ausgestaltung bringen. Damit hat es aber auch die Gewissheit seiner Vollendung im Leben nach dem Tode durch die Gewissheit der Auferstehung. Denn der Heiland sagt in unserem Evangelium: „Das ist der Wille meines Vaters, dass Jeder, der den Sohn ansieht und glaubt an ihn, ewiges Leben habe und ich ihn auferwecke am jüngsten Tage.“ In diesem Sinne hat ja der Heiland allen Gerechten das ewige Leben verheißen, in das sie eingehen werden, in diesem Sinne sagt er, sie kommen gar nicht in das Gericht, sondern sie sind vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Dieses ewige Leben im Jenseits schildert uns die Offenbarung Johannis als den über alle Maßen herrlichen Zustand der Gotteskinder im Himmel in der unmittelbaren Anschauung der Herrlichkeit Gottes vor seinem Throne. Danach breiten ein Petrus und Paulus ihre Arme aus und sehnen sich der himmlischen Heimat entgegen, dem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, dessen gewiss, dass „der in ihnen angefangen hat das gute Werk, der wird es auch vollführen bis an den Tag Jesu Christi“. So umfasst das ewige Leben das Diesseits und das Jenseits, das eine in „irdenen Gefäßen“, das andere in verklärter Leiblichkeit, das eine erst werdend und wachsend und vielfach getrübt und unterbrochen durch Schwäche und Sünde, das andere vollkommen und ewig, ohne Mangel und Schranken.
II.
Aber wer erhält es denn, wer gewinnt dieses Kleinod schon hienieden auf Erden und damit auch dort droben im Himmel? Darüber gibt uns der Heiland bedeutsame Winke in unsrem Kapitel. „Ich bin das Brot des Lebens,“ hat er gesagt, „wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Das glaubensvolle Kommen zu ihm, das Hungern und Dürsten nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit bildet also das wichtigste Erfordernis; es ist die lebendige Empfänglichkeit, das sehnsüchtige Verlangen nach diesem unvergänglichen Lebensbrote, wie es Petrus in die begeisterten Worte fasste: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ Diese Sehnsucht nach der Himmelsspeise und dem Spender derselben kann aber nur dann in uns entstehen, wenn wir die Nichtigkeit und Eitelkeit aller irdischen Güter und Freuden erkannt und zu Christo als dem rechten Seelenarzt Vertrauen gewonnen haben. Deshalb hat der Herr auch immer in erster Linie die Mühseligen und Beladenen, die Traurigen und Leidtragenden, die um ihrer Sünde willen Bekümmerten, die Kranken zu sich eingeladen. Aber er gibt uns doch noch genaueren Aufschluss über die Art und Weise, wie eine Menschenseele ihren Heiland und damit das ewige Leben sucht und findet. Er sagt Vers 44: „Es kann Niemand zu mir kommen, es sei denn, dass ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat.“ Vers 37: „Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir.“ Vers 45: „Wer es nun hört vom Vater und lernt es, der kommt zu mir,“ und Vers 37: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ Damit hat uns unser Heiland die letzten Gründe der Hinwendung einer unsterblichen Seele zu ihrem großen Lebensfürsten aufgedeckt. Niemand kann zu ihm kommen, er sei denn vom Vater zu ihm hingezogen. Das ist also der Zug des Vaters zum Sohne, die geheimnisvolle, innere und äußere Führung und Leitung der Seele zum Menschen- und Gottessohne, die im göttlichen Wohlgefallen, in seiner erbarmenden Liebe, in seinem Heilsratschlusse ruht. Durch Freuden und Leiden, durch gute und böse Tage, durch mancherlei Anfechtungen, durch große und kleine Ereignisse, durch die mahnende, richtende Stimme des Gewissens und vor allem durch die Betrachtung seines Wortes und Versenkung in dasselbe will der himmlische Vater die Seelen zu Christo hinlenken. Bald ist es die allmählig wirkende Kraft seines Geistes, bald eine plötzliche, fast blitzartig gewirkte Umänderung, welche den Anfang dieser neuen Wendung bezeichnet. So kann also Niemand von selbst, aus eigenem Streben und eigener Begabung Christum finden, nicht durch eigene Kunst und Genialität, nicht durch eigene Gerechtigkeit und Heiligkeit. Dies zeigt unwiderleglich die ganze vieltausendjährige Geschichte der Heidenwelt, die auch in ihren edelsten und begabtesten Geistern den Heiland der Welt nicht ahnte und nicht von selbst gefunden und entdeckt hat. Dies zeigt ebenso klar die tägliche Geschichte des natürlichen Menschenherzens, das aus eigener Kraft und Weisheit den Weg des Lebens nie zu finden vermag. Vielmehr ist der Gott der Welterschaffung und Welterhaltung auch die letzte Ursache der Welterlösung; er will das göttliche Ebenbild, nach dem er unsere Seele gebildet hat und das durch die Sünde befleckt wurde, durch den Sohn wieder reinigen und zu seinem vollen Glanze wieder herstellen. Wer es nun hört vom Vater und lernt es,“ sagt der Heiland, „der kommt zu mir.“ Freilich „Niemand hat den Vater zuvor gesehen, ohne den, der vom Vater ist, der allein hat den Vater gesehen.“ Also nicht durch unmittelbare Anschauung des göttlichen Wesens, wohl aber durch das Hören und Lernen seines Wortes und seiner Wirksamkeit, der Erweisungen seiner Allmacht, Liebe und Heiligkeit zieht der himmlische Vater die Seelen zu dem Sohne hin. „Wer aber zu mir kommt,“ sagt der Sohn, „den werde ich nicht hinausstoßen.“ Er verstößt also Keinen und wäre er noch so töricht oder noch so gebildet, noch so arm oder noch so reich, noch so groß oder noch so klein. Alle Geschlechter, Altersstufen und Bildungsstufen, alle Nationalitäten und alle Menschenrassen, die sich im Gefühle ihrer Schuld und Schwäche gläubig zu ihm wenden, die ihn suchen von ganzem Herzen, werden von ihm angenommen, ja die Engel Gottes im Himmel freuen sich über einen solchen Sünder, der Buße tut und seine Arme ausstreckt nach dem Träger eines ewigen Lebens. Wen er aber aufgenommen hat, den führt er als der gute Hirte auch auf die grüne Weide des Lebens, den hebt, trägt und pflegt er, den trägt er in seinen Armen, wenn er müde ist, den richtet er wieder auf, wenn er gefallen ist. „Denn,“ sagt der Heiland, „es ist der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, das er mir gegeben hat, sondern dass ich es auferwecke am jüngsten Tage.“ Darum sagt er auch an einer andern Stelle so eindrucksvoll: Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben; und sie werden nimmermehr umkommen und Niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen. Der Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer, denn alles und Niemand kann. sie aus meines Vaters Hand reißen. Ich und der Vater sind Eins.“ Wen nun der Vater zum Sohne geführt, wen der Sohn freundlich aufgenommen und in seine Pflege und Leitung, seine Erziehung und Weiterbildung genommen hat, der hat eben in dieser seiner Gemeinschaft das ewige Leben unmittelbar gewonnen und für das Jenseits trägt er eine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens in sich. So sehen wir den Herrn als den Spender des irdischen Brotes in der Speisung der fünftausend Mann durch wunderbare Vermehrung der vorhandenen fünf Brote und zwei Fische, so sehen wir ihn als den Spender des ewigen Lebens durch seine Worte voll Geist und Leben, wie durch sein Fleisch und Blut. Nicht Jeder kommt zu ihm, den er irdisch gespeist hat, ja Manche wenden sich wie damals das jüdische Volk im Großen und auch manche seiner bisherigen Anhänger von ihm ab, weil er ihnen ihre Lieblingshoffnungen und Wünsche zerstört und ihren Sinn vom Irdischen zum Himmlischen richten möchte. Aber eine Schar bleibt ihm getreu, die mit dem Petrusglauben auch das Petrusbekenntnis verbinden und erkannt haben, dass er wirklich der Sohn des lebendigen Gottes ist. O dass wir doch alle zu dieser Schar uns reihen und zu ihr gehören möchten; o dass wir schon durch den Geber aller guten, irdischen Gaben, durch den Lenker unserer Geschicke in Freud' und Leid uns hinführen ließen zu Dem, in welchem alles Menschliche neu wird, der unserer Seele allein das zu geben vermag, was sie wahrhaft nährt, stärkt und vollendet. Darum halten wir uns in allen Lagen des Lebens, in allen Bedürfnissen der Seele, in aller Sehnsucht des Herzens an sein herrliches Wort: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Amen.